Ende September 2021 flog ich nach Daressalam um den Winter in Tanzania genauer in Ihumwa in der Nähe der Hauptstadt Dodoma zu verbringen. Dort helfe ich in einem Projekt für Waisenkinder und Witwen, welches Teil der Tumaini Foundation ist.
Die Gegend ist trocken und staubig, Touristen verirren sich selten hierher. Das Leben ist entschleunigt, auf das Notwendigste eingestellt. Einen Wasserhahn gibt es nur auf dem Hof und oft muss Wasser aus dem Brunnen geschleppt werden. Gekocht wird über dem Feuer, Strom fällt regelmäßig aus und die Wäsche wird selbstverständlich per Hand gewaschen.
Trotzdem sind aus den anfangs geplanten 4 Wochen im Projekt fast drei Monate geworden und nach der Pause, die ich mir gerade gönne, werde ich nach Ihumwa zurück gehen. Von den 13 Kindern, die hier leben, haben die meisten eine traurige Vergangenheit. Das Projekt bietet ihnen eine unbeschwerte Kindheit in Sicherheit, genug zu essen und regelmäßigen Schulbesuch.
Vier Kinder können dank Sponsoren eine private Boarding School besuchen und verbringen nur die Ferien im Projekt. Nachmittags und am Wochenende habe ich oft mit den Kindern Hausaufgaben erledigt und Spiele gemacht. Erstaunlich ist, wie kreativ diese Kinder spielen können, denn außer ein paar Kleinigkeiten sucht man hier Spielzeug vergeblich.
Anfang Dezember ist in Tanzania das Schuljahr zu Ende. Alle Kinder haben die Prüfungen für die nächste Klasse bestanden. Da nicht genug Geld für alles da war, habe ich die neuen Schulbücher und Übungshefte gekauft. Nach jeder Rückkehr aus der Stadt stürmten mir die Kinder mit großem Freudengeschrei entgegen.
Riesengroß war auch die Freude, als wir für jedes Kind durch die Spende von Basis – Mitgliedern zu Weihnachten neue Schuhe kaufen konnten. Die Dankbarkeit der Kinder war unbeschreiblich. Die 12 jährige Yulitha weinte sogar vor Freude. Es war das erste Mal in ihrem Leben, dass sie neue Schuhe bekam.
Die tapfere Yulis, die aufgrund von Glasknochen im Rollstuhl sitzen muss, bekam eine Puppe. Das war das absolute Highlight.
Tumaini betreibt parallel zu dem Projekt ein Day-Care-Center für 3 – 6 jährige Kinder aus dem Ort. Von Montag bis Freitag beginnt für sie um 8 Uhr die sogenannte Nurcery School und für mich ein anstrengender Tag.
Gemeinsam mit zwei Lehrerinnen betreue ich die ca. 30 Jungen und Mädchen, darunter zwei behinderte Kinder. Neben Spielen, Singen, Beten und Sport steht jeden Tag ein Unterrichtsfach auf dem Programm. So lernen die Kinder lesen, schreiben, rechnen und Englisch bevor sie in die erste Klasse kommen und jeden Tag gibt es Hausaufgaben.
An diese Aufgabe musste ich mich erst gewöhnen, empfand es anfangs als eine Art Drill und viel zu viel für die Kleinen. Wenn man aber bedenkt, dass dies eine Voraussetzung für die Aufnahme in eine private Schule ist, gewinnt man bald eine andere Einstellung. Die private Schule ist das Tor zu einer guten Bildung, die Situation in den Government Schulen ist katastrophal. Ich habe Klassen gesehen, in denen weit über 100 Schüler lernen und von Schulklassen gehört, in die sogar über 200 Kinder gehen.
In Tumaini’s Projekt wird viel Wert auf einen respektvollen Umgang miteinander gelegt. Situationen und Erlebnisse werden gemeinsam besprochen und diskutiert. Für jede Woche arbeiten wir ein Programm aus, in dem die Kinder spielerisch lernen selbstbewusst, hilfsbereit, ehrlich, resilient, fair, ordentlich zu sein, zu verzeihen, Sachen zu teilen und mehr.
Besonders die Ordnung fällt in Tanzania nicht nur den Kindern schwer. Ich hatte einmal versucht, aufzuräumen. Diese Mühe wurde bewundert, aber bald kehrte das gewohnte Chaos wieder ein. Man muss sich ohne große Erwartungen vorantasten, starre Vorstellungen sind fehl am Platz.
Gemeinsam mit einem amerikanischen Volunteer konnte ich unsere Kinder Schritt für Schritt sensibilisieren, Müll nicht einfach auf die Straße zu werfen. Einmal ermahnte ein Kind ein anderes: Schmeiß das nicht dorthin, das ist nicht gut. Das war schon ein Riesenerfolg. Der Müll ist überhaupt ein großes Problem. Eine Müllabfuhr gibt es nicht, der Müll wird einfach verbrannt. Zum Glück produzieren wir nicht viel Müll.
Gekauft wird am Strassenrand, auf dem Markt oder im Miniladen im Ort, jeden Morgen kommt eine Frau mit frischem Gemüse vorbei. Nichts ist in Plastik verpackt. Samstag ist Tag der offenen Tür. Dutzende Kinder aus dem Ort toben sich bei uns aus und erhalten eine warme Mahlzeit. Begleitet von lauter tansanischer Musik geht es morgens mit Sport und Tanz los.
Schon in der Woche ist der Lärmpegel sehr hoch, am Samstag bin ich mittags völlig k.o. Inzwischen habe ich gelernt, in meiner Mittagspause selbst bei größtem Kinderlärm zu schlafen. Im Prinzip ist man nonstop im Einsatz, alle wohnen gemeinsam auf dem Gelände. Ein Schritt vor die Zimmertür und schon kommt ein Kind mit einer Frage, ein Streit muss geschlichtet werden, Stifte angespitzt, das Shirt ist verschwunden. Den Satz: Imepotea“ – „das ist weg“ höre ich ständig. Aber wie gesagt … Die Ordnung
Zweimal wöchentlich besucht Tumaini einige Witwen im Ort. Sie erhalten Material für die Herstellung von Tongefässen, Taschen, Decken. Diese verkaufen sie dann auf dem Markt. Auch Reis und Maismehl verteilen wir manchmal. Die Devise bleibt dabei immer Unterstützung und Anleitung zu geben, aber nie Geld zu verteilen.
Tumaini leistet mit ihrem Projekt großartiges. Der Höhepunkt ihrer unermüdlichen Arbeit ist der Bau einer Schule für Waisenkinder und Kinder aus benachteiligten Familien. Etwa zwei Fahrstunden entfernt von Ihumwa entsteht auf einem kleinen Hügel eine private Boarding Schule für 240 Mädchen und Jungen. Der Grundstein ist gelegt. Dank einiger Sponsoren geht der Bau voran.
Spenden sind unglaublich wichtig für das erfolgreiche Fortbestehen des Projekts. Die Tumaini Foundation bietet Kindern eine Zukunft, die sonst keine Chance auf eine gute Bildung hätten. Mit dem Projekt habe ich etwas wunderbares gefunden und das Ganze in engem Kontakt zu den Einheimischen.